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Rechtstipp

Freistellung für gewerkschaftliches oder ehrenamtliches Engagement

15.12.2022
Ansprechpartner*in
Gregor Schwarz

Muss mich der Arbeitgeber für die Gewerkschaftsarbeit oder ein anderes Ehrenamt freistellen?

Eine Gewerkschaft bzw. ein Berufsverband lebt ganz entscheidend vom ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder. Allein für den DJV Baden-Württemberg ist eine dreistellige Zahl an Personen in diversen Ehrenämtern tätig, sei es in verbandsinternen Gremien oder in den Personal- und Betriebsräten des Arbeitgebers. Aber ehrenamtliches Engagement braucht Zeit - und gerade daran fehlt es in einer immer hektischeren und arbeitsintensiveren Medienwelt Vielen. Oft wird uns daher die Frage gestellt, ob es Möglichkeiten gibt, sich für sein Ehrenamt zeitweise von der Arbeit freistellen zu lassen. Und wie so oft lautet die typische Jurist*innen-Antwort: Es kommt darauf an!
Gewählte Betriebs- oder Personalräte sind automatisch von der Arbeitsleistung befreit, wenn sie ihren Aufgaben in dieser Funktion nachgehen (§ 37 Abs. 2 BetrVG bzw. § 45 LPVG BW für den SWR). Je nach Größe des Betriebes können darüber hinaus einzelne BR oder PR-Mitglieder auch für die Dauer der Amtszeit ganz oder teilweise von ihrer eigentlichen Arbeit freigestellt werden.
Für alle anderen gilt leider: Eine grundsätzliches Recht, sich für gewerkschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Tätigkeit von der Arbeit freistellen zu lassen, existiert nicht. Allerdings sehen viele Tarifverträge explizit einen Anspruch der Arbeitnehmer*innen auf bezahlte Freistellung für die „Teilnahme an Zusammenkünften gewerkschaftlicher Art“ (Ziff. 362.12 des SWR-Manteltarifvertrages) oder zur „Wahrnehmung und Erfüllung ehrenamtlicher Aufgaben im Berufsverband“ (§ 9 Nr. 10 c MTV für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen) vor. Eine vergleichbare Vorschrift für den Bereich Zeitschriften findet sich in § 11 Nr. 3 des MTV Zeitschriften.
Aber: Diese Regelungen gelten in aller Regel nur für solche Personen, die ein gewähltes Amt in der Gewerkschaft oder dem Berufsverband innehaben. Beim DJV sind das z.B. die Mitglieder der Fachausschüsse oder des Landesgesamtvorstandes. Hier stellt im Zweifel die DJV-Geschäftsstelle eine Bestätigung für den Arbeitgeber aus, dass unser Mitglied an einer Veranstaltung teilgenommen hat.
Selbst für Funktionsträger*innen gilt aber die Einschränkung, dass keine dringenden betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen dürfen. Hierfür hat die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung aber sehr hohe Hürden definiert, die sich vereinfacht auf folgenden Nenner bringen lassen: Wenn nicht wirklich gerade „der Baum brennt“, z.B. bei hochaktuellen Nachrichtenlagen, ist die Freistellung in aller Regel zu gewähren. „Einfache“ DJV-Mitglieder haben jedoch auch in tarifgebundenen Betrieben keinen Anspruch auf Freistellung.
Dies gilt leider auch für Kolleg*innen in tariflosen Betrieben oder (feste) Freie (mit Ausnahme des SWR). Dennoch gewähren manchmal auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber eine Freistellung, einen Anspruch darauf gibt es aber nicht. Heißt: Die*der Betroffene muss sich in diesem Fall proaktiv an den Arbeitgeber wenden und um die Freistellung bitten, womit sich erfahrungsgemäß viele schwer tun. Hier unterstützt der DJV seine Mitglieder aber gerne.
Die gute Nachricht zum Schluss: Bei (Warn-) streiks oder sonstigen Arbeitskampfmaßnahmen dürfen selbstverständlich alle Mitarbeiter*innen des bestreikten Betriebes teilnehmen, auch ohne Erlaubnis des Arbeitgebers. Für die Zeit der Teilnahme am Streik gibt es jedoch keinen Lohn. Allerdings zeigt hier die Erfahrung, dass zumindest bei kurzen Warnstreiks die Betriebe oft den Mehraufwand bei der Lohnabrechnung scheuen und trotzdem den vollen Lohn auszahlen. Verlassen sollte man sich darauf aber auf keinen Fall, sondern besser DJV-Mitglied werden, denn nur Gewerkschaftsmitglieder erhalten Streikgeld als Lohnersatzleistung.