Rechtstipp
Rechtliche Vorgaben zum „Gendern"
Ansprechpartner*in
Gregor Schwarz
Kann mir der Arbeitgeber vorschreiben, zu "gendern"? Oder es mir sogar verbieten?
Das Thema Gendern wird in der Gesellschaft noch immer kontrovers diskutiert. Während ein Gendersternchen in einem Text für manche den Untergang der abendländischen Kultur bedeutet, ist geschlechtsneutrale Sprache für andere inzwischen völlig selbstverständlich geworden, ganz zuvorderst auch im Medienbereich. Aber gibt es eigentlich rechtliche Vorgaben für das Gendern? Und kann ich mich juristisch dagegen wehren, wenn z.B. einer meiner Texte im Nachhinein vom Verlag ohne mein Wissen gegendert wurde oder ich unter einem Beitrag z.B. als „Autor:in“ bezeichnet werde, obwohl ich mich als eindeutig binäre Person, also Mann oder Frau fühle?
Um die erste Frage gleich zu beantworten: Rechtliche Vorgaben zum Gendern gibt es (noch) nicht, noch nicht einmal für amtliche Texte wie z.B. Behördenschreiben oder Gesetzestexte, die noch immer fast ausschließlich im generischen Maskulinum formuliert sind. Ein schönes Beispiel sind (echte) Sätze wie: „Sehr geehrte Frau XXX, als Bauherr des Bauprojektes XXX fordern wir Sie auf…“.
Aber: Der Arbeitgeber kann im Rahmen des sog. Direktionsrechts seinen Angestellten gewisse Formulierungen und Schreibweisen vorgeben. Wenn es also z.B. in einer Redaktion die Anweisung gibt, mit Sternchen oder Doppelpunkt zu gendern, oder eben auch es zu lassen, muss man das zumindest als Angestellte*r akzeptieren. (Nein, beim DJV gibt es keine Vorgabe – ich mache das freiwillig ;-).
Etwas anderes gilt aber bei Freiberuflern: Wenn hier nicht ausnahmsweise im Rahmen des Auftragsverhältnisses explizit eine gewisse Schreib- oder Sprechweise vereinbart wurde, was äußerst selten vorkommt, ist der*die Autor*in völlig frei darin zu entscheiden, wie in dem Werk formuliert wird. Über einen interessanten Fall hatte hier das Landgericht Hamburg zu befinden (Az. 308 O 176/21): Eine Autorin hatte einen Zeitschriftenverlag verklagt, der gegen ihren Willen in einem ihrer Texte nachträglich geschlechtsneutrale Bezeichnungen eingebaut hatte (z.B. „zeichnende Person“ statt „Zeichner“). Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen die Urheberpersönlichkeitsrechte der Klägerin, sodass der Verlag schließlich einen Vergleich akzeptierte, wonach der Text zumindest in der Online-Ausgabe wieder in die Ursprungsfassung zurückversetzt werden musste.
Auch eine Bezeichnung z.B. als „Autor:in“ oder „Verfasser*in“ kann daher grundsätzlich einen Verstoß gegen Urheberrechte darstellen. Denn laut § 13 S. 2 UrhG kann „der Urheber bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist und welche Bezeichnung zu verwenden ist“. Wer also explizit unter seinem Werk mit einer geschlechtsspezifischen Benennung, also z.B. als „Autorin“ oder „Redakteur“ bezeichnet werden will, kann das vom Auftraggeber verlangen – übrigens auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses.
Mitglieder, die von solchen Fällen betroffen sind, können sich selbstverständlich gerne im Rahmen des Rechtsschutzes an uns wenden. Übrigens völlig unabhängig davon, dass wir als DJV selbst eine geschlechtsneutrale Sprache praktizieren und uns auch von unseren Mitgliedern gelegentlich einen gelasseneren Umgang mit diesem Thema wünschen würden, denn allein das Gendersternchen im Blickpunkt hat uns einige Mitglieder gekostet. Aber es gilt auch hier: Jede*r wie sie*er mag!